Freitag, 26. März 2010

"Philosophie der Freiheit" Rudolf Steiners - seine Freiheit und sein Leiden















Foto: Johanna Frey




Hallo liebe Leserinnen und Leser,



Die Philosophie der Freiheit ist ein wichtiges Werk Rudolf Steiners. Diese Schrift kam heraus, als er 34 Jahre war.


Er verwendet in der Schrift eine philosophische Sprache. Das macht den Inhalt schwer zugänglich für die Menschen, die daran nicht gewohnt sind. Aber wenn man einmal reinkommt, dann öffnet sich eine lichtvolle Welt im Bewusstsein. Ich habe jedenfalls beim Lesen an manchen Stellen starke Erlebnisse.


Eine Lichtsäule, die wie eine Quelle sprudelt, spüre ich in mir, die durch mich hindurch geht und mich mit der kosmischen Höhe und mit der Mitte der Erde verbindet. Die Freiheit, die er beschreibt, ist auf diese Weise für mich ganz real innerlich erlebbar.


Die Freiheit ist etwas, was uns das innere Licht bedeutet. Und ich denke, in dieser Freiheit, die mit der Liebe verbunden ist, finde ich den Kern der spirituellen Bemühungen Steiners wieder. Steiner hat damals gelitten, dass die Welt diese Schrift nicht richtig verstanden hat. Ich bin sicher, heute ist es so weit, dass wir den Inhalt verwirklichen können.


Der freie Mensch für Steiner ist derjenige, der in seiner Intuition im Hier und Jetzt die Antwort findet und sich nicht durch die Gepflogenheiten, die moralischen Gebote oder die persönlichen Erfahrungen beeinflussen lässt. Also das heisst für mich, er befreit sich immer wieder von der Vergangenheit und der Zukunft und findet sich in der Gegenwart. Er bekommt in jedem Moment die Intuition, die ihn moralisch schöpferisch sein lässt.


Steiner geht auf einen möglichen Einwand ein. Er lautet: Wenn jeder Mensch nur aus sich heraus handelt, dann ergeben sich nur moralische Probleme. Steiner meint, wenn man wirklich aus seinen Innersten handelt, dann zwingt man den anderen Menschen nicht seine Ideen auf , aber man erwartet das Verständnis von ihnen.

Der Originaltext im Kapitel Die Ideen der Freiheit ;

"Der Freie lebt in dem Vertrauen darauf, daß der andere Freie mit ihm einer geistigen Welt angehört und sich in seinen Intentionen mit ihm begegnen wird. Der Freie verlangt von seinen Mitmenschen keine Übereinstimmung, aber er erwartet sie, weil sie in der menschlichen Natur liegt. Damit ist nicht auf die Notwendigkeiten gedeutet, die für diese oder jene äußeren Einrichtungen bestehen, sondern auf die Gesinnung, auf die Seelenverfassung, durch die der Mensch in seinem Sich-Erleben unter von ihm geschätzten Mitmenschen der menschlichen Würde am meisten gerecht wird."



Was bedeutet das?


Genau diese Stelle ist etwas, an dem ich immer das Gefühl hatte, hier stimmt etwas nicht ganz für das heutige Bewusstsein. Man zwingt die anderen mit der eigenen Intuition nicht, aber erwartet die Annahme von den anderen?

Ich denke, jemand, der eine Erwartung hat , die anderen sollten eigentlich seine Intuition verstehen, ist noch unfrei. Ich denke, genau dies war auch ein Problem bei ihm. Das war ein Problem, das mit der Qualität der damaligen Zeit, in der noch viel Reste der Verstandes- und Gemütsseele vorhanden waren, zusammen. Erst heute sind wir ganz konkret dabei, diese Gegenseitige Erwartungshaltung in uns immer mehr zu überwinden. Und viele Geschehen heute lehren uns diese neue innere Notwendigkeit.

Rudolf Steiner hat oft geklagt darüber, dass die Menschen ihn zu wenig wirklich verstehen. So wie er in der Philosophie der Freiheit schrieb, zwang er den anderen nichts auf, aber er erwartete sehr viel von seinen Schülern. Und er sah immer wieder, dass seine Erwartung nicht erfüllt wurde. Das machte ihn unzufrieden. Als ich sein Leben verfolgte, spürte ich oft sehr intensiv Empathie. Und ich verstand, wie sehr er gelitten hatte.


Ich will ihm gar nichts vorwerfen. Ich will ihn nur nicht als einen Heiligen sondern als Mensch betrachten. Weil ich denke, nur so können wir jemanden wirklich verstehen. Wenn wir jemanden heiligen, dann wollen wir in ihm nur das Heilige sehen und wollen alles andere nicht akzeptieren. Auf diese Weise können wir niemanden lieben.


Ich will Steiner empathisch verstehen und lieben statt heiligen.



Junko






2 Kommentare:

  1. Hallo Junko,

    also ich erlebe den Originaltext Steiners als absolut korrekt, insbesondere jene Erwartung. Fragt sich nur, was man unter Erwartung versteht allerdings.

    Hätte man jene Erwartung nicht, wäre man wirklich allein oder komplett egoistisch zugemauert, weil ein menschliches Miteinander sonst nicht zustande käme. Das ist es doch aber gerade, dass man sich in der rechten Gesinnung trifft, das erwartet man!, insbesondere als freier Mensch, das ist doch grad das Charakteristische an der Freiheit. Was denn sonst? Denn wenn etwas wirklich ok ist und "stimmt" und rechtens im Sinne echter Freiheit, sollte man sich darin auch begegnen und es kundtun, gegenseitig. Ich erlebe hierin nämlich keine psychologische Erwartung, dies einschränkend zwingende, sondern im Sinne einer Gesinnung, als Haltung, das müsste man geradezu spüren. Ohne jene Erwartung erlebe ich eher eine Gleichgültigkeit bis hin zu einer gewissen Arroganz statt einer Zugeneigtheit.

    Manfred

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